Über den Gedanken nie schön genug zu sein & Schönheitsoperationen

Lange ist mein letzter Beitrag aus der Reihe „Tee mit Tina“ her, aber was soll ich sagen: die letzten Monate hatte ich so viel um die Ohren, dass einfach keine Zeit für einen Tee blieb. Passend zum verlängerten Wochenende (was bei mir leider gar nicht so lang ist, ich habe nur am Sonntag frei und bin ansonsten fleißig am Lernen) möchte ich heute aber die Gunst der Stunde nutzen und euch erneut auf einen Tee mit mir einladen.

Obwohl der Sprung vom letzten Thema (die #CoupleGoals auf Instagram) zu heute fast nicht größer sein könnte, vereint sie im Kern doch ein ähnlicher Sinngehalt. Im Grunde geht es um ein Thema, was viele von uns kennen: Unzufriedenheit. Ich möchte mich nun nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber ich würde mal schätzen, dass jeder von uns in irgendeiner Hinsicht unzufrieden ist. Unzufriedenheit in Bezug auf das eigene Leben, eine gewisse Situation, sein Liebesleben oder dem Job, in dem man einfach nur auf Stelle tritt. Man kennt es.

Neben den äußeren Faktoren, die einen unzufrieden zurück lassen können, gibt es aber auch die Inneren, die vielleicht sogar weitaus schlimmere Züge annehmen. Genau darum soll es heute gehen. Über den Gedanken, dass man selbst nie schön oder gut genug ist und in letzter Konsequenz auch Schönheitsoperationen. Mein heutiger „Tee mit Tina“ beginnt vor etwas über einem Jahr in Berlin auf einem Event einer Beauty-Marke und ich bin sehr gespannt, was ihr darüber denkt – lasst mich also unbedingt an euren Gedanken teilhaben!

Es ist Februar des letzten Jahres, für ein Event einer Beauty-Marke flog ich nach Berlin und nachdem ich mich in der Event Location umgeschaut habe, nahm ich Platz um mich mit einigen Bekannten zu unterhalten. Da immer wieder bekannte Gesichter eintrafen, schaute ich regelmäßig zur Tür – man möchte ja niemanden verpassen und es ist immer wieder schön, wenn man vertraute Menschen trifft.

Neben einer dieser lieben Menschen stand eine mir bis dato Unbekannte, die ich freundlich begrüßte. Ein Mädchen, von dem man zweifelsfrei behaupten kann, dass sie dem gängigen Schönheitsideal entsprach. Lange Haare, schön gekleidet und bildhübsch. Als wir uns kurz unterhielten fiel mein Blick jedoch unweigerlich auf ihren Mund – und was ich sah, verwunderte mich doch zumindest innerlich (man möchte ja nach außen die Contenance bewahren). Schlauchboot-Lippen. Ich war unweigerlich an Chiara Ohoven erinnert – ihr erinnert euch doch bestimmt noch an die Szenen bei TV Total, bei dem Stefan Raab Chiaras Lippen mit Bockwürstchen nachgemacht hat, genau daran musste ich denken – ziemlich verstörend.

Für den Moment dachte ich, dass sie vielleicht von einer Wespe gestochen wurde oder eine allergische Reaktion hatte. Wenig später entdeckte ich aber ihr Instagram Profil durch eine Verlinkung und ich war schockiert: in ihrem letzten Bild machte sie ganz offen (und mit einer herrlich plakativen Spritze) Werbung für eine Schönheitschirurgin, zeigte stolz das Ergebnis und unglaublich viele Mädchen und junge Frauen feierten sie dafür in den Kommentaren.

Das ließ mich wirklich erstmal sprachlos stehen. Ich weiß nicht wie es euch geht, aber zumindest in meinem Bekanntenkreis sind Schönheitsoperationen noch nicht „angekommen“. Bis dato waren Schönheitsoperationen etwas für mich, dass im TV (vorzugsweise im Abendprogramm bei RTL2 oder RTL explosiv) stattgefunden hat. Nichts moralisch Verwerfliches, aber trotzdem nicht alltäglich.

Heute, etwas über ein Jahr später, würde mich eine solche Begegnung nicht mehr verwundert zurücklassen. Ich habe keine Ahnung wann, aber scheinbar sind Schönheitsoperationen absolut salonfähig geworden unter Influencern. Das Näschen richten, die Brüste vergrößern oder die Lippen unnatürlich aufspritzen lassen – scheinbar gehört das 2017 zum Business dazu. Etliche Influencer berichten auf Instagram, ihren Blogs und Youtube über ihre Erfahrungen. Wo man früher vielleicht noch als größte „Sorge“ hatte, dass man zu dick sei und nicht in die Sample-Größe passte, geht es heute mehr denn je um Feintuning. Höher, schneller und weiter – dieses Mantra scheint wohl nun auch auf unsere eigenen Körper zuzutreffen. Vielleicht war das schon immer so, vielleicht hat es mittlerweile aber auch schon andere Sphären erreicht.

Wenn ich mal etwas mehr darüber nachdenke, scheint mir diese Entwicklung aber auch kaum verwunderlich – was mich dabei aber trotzdem bewegt: vor allem das weibliche Geschlecht ist davon betroffen. Wo man geht und steht wird in der Regel Frauen eingeredet, dass sie nicht gut sind, so wie sie sind. Frauen „müssen“ hübsch sein, schlank sein, jung aussehen, unbehaart sein – man könnte diese Liste leider unendlich fortführen. Eine gesamte Industrie hat sich darauf ausgelegt uns allen zu erklären, dass wir nicht schön genug sind und damit auch gleichzeitig nicht gut genug. Ständig tauchen neue Diät-Programme auf, in den Parfümerien finden wir neue Anti-Falten-Cremes und ein Abo im Schönheitssalon sollte auch zur Grundausstattung einer jeden Frau gehören. Ein ganzer Industriezweig hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht uns unsere Makel aufzuzeigen – und uns natürlich davon zu befreien. Ein Industriezweig, in dem auch ich mich ab und an bewege – auch ich berichte über Beauty-Themen, stelle Produktneuheiten vor, die unsere Vorzüge noch besser zur Geltung bringen sollen und bin vielleicht dafür verantwortlich, dass bei dem ein oder anderen ein Stück weit Unzufriedenheit ausgelöst wird.

Es ist ein hässlicher Samen, der uns allen eingesät wird. „Wir sind nicht schön, nicht gut genug – nicht perfekt.“ Der langsam seine Wurzeln schlägt. In uns allen gedeiht. Unzufriedenheit ist wie eine hässliche Krankheit, die an uns zehrt, uns unglücklich macht und das eigene Leben hassen lässt. Sie raubt unser Wohlbefinden und ich kann sogar ein Stück weit nachvollziehen, wenn man dem Ganzen verfällt, denn irgendwann sind auch die filigransten Wurzeln soweit ausgeschlagen, dass sich der Baum nur schwer fällen lässt.

Ich möchte mit diesen Zeilen nun kein Bashing beginnen – es steht jedem von uns frei das zu ändern, was uns unglücklich macht. Sei es den Job zu kündigen und eine völlig andere Richtung einzuschlagen, den lästigen Kilos den Kampf anzusagen oder der Schwiegermutter mal endlich die Meinung zu geigen. Aber ich glaube fest daran, dass man den ein oder anderen Schritt vielleicht auch ein, zwei Mal überdenken sollte. Gerade solch einen schwerwiegenden Eingriff wie eine Schönheitsoperation, der am Ende immer auch ein Risiko ist, dem man sich nicht leichtfertig aussetzen sollte.

Und was man dahingehend auch überdenken sollte? Wie man gerade so etwas wie Schönheitsoperationen als Influencer nach außen hin kommuniziert oder auch bewirbt. Vor einigen Monaten wurde ich angefragt, ob ich im Rahmen einer Eröffnung einer Schönheitsklinik eine Zusammenarbeit eingehen möchte – ich lehnte dankend ab. Nicht nur, weil es nicht zu mir passt (kleiner Fun Fact: als 16-jährige empfand ich meine Nase als viel zu breit und wollte sie mir unbedingt verkleinern lassen, wenn ich endlich volljährig werde – ein Glück sah die Welt für mich mit 18 ganz anders aus und so nahm ich Abstand von meiner fixen Idee), sondern auch deshalb, weil das nicht das ist, was ich weitergeben möchte.

Denn ich stehe schon mit meinem Blog-Namen „amour de soi“ dafür ein, dass wir uns selbst lieben sollten,  so wie wir sind. Das ist für mich nicht nur eine hohle Hülse – sondern der Keim, den ich säen möchte. Mein Blog-Name „amour de soi“, der einem philosophischen Konzept von Jean-Jacques Rousseau nachempfunden ist, bedeutet dem Wortsinn nach Selbstliebe, die aber keineswegs in Selbstverliebtheit oder Narzissmus schielt. Er steht dafür, dass man sich selbst lieben sollte, sich selbst mit Respekt und Achtung entgegentreten sollte, ganz egal, wie andere einen sehen. Für mich ist dies ein Punkt, der natürlich für das ganze Leben ein Leitmotiv sein sollte – aber gerade auch für die kurzlebige Modewelt und die Social-Media-Blase, in der ein Trend meist nicht einmal die nächste Ausgabe der Vogue oder den nächsten Hype übersteht.

Seid ihr zufrieden mit euch selbst?

Sind Schönheitsoperationen bei euch im Bekanntenkreis „angekommen“?

Würdet ihr eine Schönheitsoperation für euch in Betracht ziehen?

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8 Kommentare

  1. 25. Mai 2017 / 8:52

    Ach Tina… Ich weiß auch nicht was da draußen los ist. Ich habe zwei Freundinnen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Die eine hat schon ein paar Eingriffe gemacht (Augenbrauen & Brüste – würde aber gerne auch noch Nase und Kinn machen lassen etc.) und die andere einen kleinen Eingriff (sie hat sich mit 18 die Ohren anlegen lassen), welchen ich nachvollziehen kann.

    Jeder muss in erster Linie mit sich selbst zufrieden sein. Ich bezweifle, dass Freundin A das alles nur für sich machen lassen möchte (sie heiratet nächstes Jahr, ihr Partner ist zufrieden und hätte auch die Brust-OP nicht benötigt). Freundin B sagt auch, dass sie gerne ihre Nase und ihr Kinn anders hätte, aber würde es nicht machen. Warum? Weil es so zu ihr gehört, weil sie mit ihrer jetzigen Nase und dem Kinn nicht scheiße aussieht, weil sie vermutlich nach einer OP gar nicht so toll aussehen würde wie es selbst vorher erwartet. Sagen wir mal so. Kleine Eingriffe, die nicht weiter auffallen (natürlich sind), finde ich ja noch vertretbar (wie das Ohren anlegen). Aber Schlauchlippen? Natürlich sind wohl geformte Lippen ein Traum, aber dafür so etwas machen lassen? Das Ergebnis sieht nie natürlich und schön aus (oder habe ich was verpasst????).

    Jetzt muss ich dazu sagen, dass Freundin A ihre Brüste auch nicht extrem hat vergrößern lassen, aber vorher ist keinem Menschen aufgefallen, dass sie zu kleine Brüste gehabt hätte. Die Größe hat vorher genau so toll zu ihrem Körper gepasst. Ich weiß nicht was passiert ist, dass einem selbst solche Kleinigkeiten so extrem stören können? Nach meiner Abnahme musste ich auch ein Körbchen lassen, aber ich würde mich nie operieren (außer, die geraten nach einer Schwangerschaft o.ä. völlig aus der Form). Das wäre mir zu gefährlich, zu unnatürlich…

    • Tina Carrot
      Autor
      5. Juni 2017 / 9:28

      Ja, ich persönlich kritisiere eben auch, dass manche Eingriffe zumindest für mich als Außenstehende viel zu schnell und voreilig beschlossen werden. In der letzten Zeit habe ich gerade in der Insta-Welt so, so viele Eingriffe „mitbekommen“, dass ich ernsthaft daran Zweifel, dass jede Person da so unglaublich psychisch darunter gelitten hat, sodass es unbedingt sein muss.

      Ich meine, ja, am Ende muss das jeder selbst für sich entscheiden und als Außenstehender ist man nicht Teil der Gefühlswelt – aber ich finde zumindest, dass das nach außen hin keine gute Botschaft ist.

  2. 25. Mai 2017 / 9:29

    meine liebe Tina,
    das ist wieder ein sehr interessanter Beitrag, ich danke dir dafür!
    so wirklich habe ich mich kaum mit dem Thema Schönheitsoperationen befasst – vl auch weil es einfach kein Thema in meinem sozialen Umfeld war oder ist. aber dennoch kenne ich das Gefühl sich nicht schön zu fühlen leider allzu gut … am Ende ist es wohl eine Sache, sich selber lieben zu lernen.
    ich verstehe Menschen durchaus, wenn sie bestimmte Makel an sich haben, sich unters Messer zu legen. das sind denn Makel, die einen wirklich psychisch beeinflussen. doch die Grenze zwischen wirklich relevantem Makel und Schönheitsfehler scheint eben sehr verschwommen und unklar.

    letztenendes ist es eine Entscheidung, die jeder für sich selbst trifft gemeinsam mit seinem Arzt.

    wünsche dir einen wundervollen Feiertag meine Liebe,
    ❤ Tina

    • Tina Carrot
      Autor
      5. Juni 2017 / 9:29

      Ja, recht hast du – am Ende, muss das jeder für sich selbst entscheiden. Aber ich finde es so fürchterlich, dass diese Grenze in letzter Zeit so verschwimmt und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es wirklich immer eine so krass psychische Belastung war – vor allem Lippenaufspritzen ist in Düsseldorf ja aktuell am Fließband möglich. Das finde ich mehr als bedenklich!

  3. 25. Mai 2017 / 15:38

    Hey, ich bin ja geschockt von der Sache auf Insta! Für mich selber kommen keine Ops in Frage. Perfekt bin ich nicht, aber ich würde auch niemals auf die Idee kommen etwas an mir operieren oder unterspritzen zu lassen. Dazu muss ich sagen, dass ich tgl. mit Jugendlichen zu tun habe, die solchen Trends zum Glück nicht folgen und aus eigenem Gedanken heraus auch Instagram nicht mögen, gerade weil sich dort Frauen präsentieren die unecht und verschönt worden sind. Zum Glück also, dass unsere Jugend schon verstanden haben zu scheint, dass wahre Schönheit nicht von Ops abhängt.
    Liebe Grüße!

    • Tina Carrot
      Autor
      5. Juni 2017 / 9:30

      Das ist so schön zu lesen – ich hoffe, dass ganz viele diese Einstellung im Herzen tragen! 🙂

  4. Melanie
    6. Juni 2017 / 11:38

    Ich bin nicht immer zu frieden mit mir selbst aber ich finde niemand ist perfekt und man sollte immer das beste daraus machen was man selbst ist. Ich bin ehrlich meine Haut hängt nach der Schwangerschaft sehr aber da hilft leider auch kein Sport mehr, unters Messer legen werd ich mich deshalb aber nicht. Mein Körper hat tolles geleistet und darauf kann ich stolz sein und muss mich nicht verstecken.

    Liebe Grüße
    Melanie

    • Tina Carrot
      Autor
      7. Juni 2017 / 15:01

      Ja, auf jeden Fall – in der Schwangerschaft leistet jede Frau Unglaubliches, da sollte man sich nachher nicht schämen oder verstecken. Der Körper ist ein Wunder! 🙂

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